Chronik des Vereins
Der Wichern Diakonie Frankfurt (Oder) e.V. ist ein traditionsreicher diakonischer Verein. Unter seinem Dach sind verschiedene gemeinnützige Träger sozialer Arbeit vereint, die Wohn-, Arbeits-, Freizeit-, Pflege- und Beratungsmöglichkeiten anbieten.
Der Verein selbst ist Träger der Integrationskindertagesstätte »Hilde Coppi«, der Schuldner- und Insolvenzberatung und koordiniert das bürgerschaftliche Engagement. Dazu gehören der ehrenamtliche Hospizdienst und ehrenamtliche Tätigkeiten in anderen Bereichen. Grundlage unseres diakonischen Handelns in Praxis und Politik ist das christliche Menschenbild. Jeder Mensch hat als Gottes Ebenbild eine Würde, die in allen Lebensbezügen unbedingt geachtet werden muss. Menschen, die in unterschiedlicher Weise der Hilfe bedürftig sind, erhalten in den verschiedenen sozialen Dienstleistungsbereichen der Wichern Diakonie professionelle Hilfe und qualifizierte Begleitung. Zum Selbstverständnis des Vereins gehört die Wertschätzung und Akzeptanz jedes Hilfesuchenden, unabhängig vom Grad seiner Behinderung, seiner Pflegebedürftigkeit, dem Ausmaß seiner Probleme und seines persönlichen Glaubens oder seiner Weltanschauung. Der Verein und seine Gesellschaften sind Mitglied im Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V.
Erinnerungen
aus
Chroniken,
Akten
und
Zeitungen
Am 15. Februar 1903 wurde das Fürsorgeheim der Frauenhilfe zu Frankfurt a.O. gegründet. Voraussetzung war das Inkrafttreten des Fürsorgeerziehungsgesetzes vom Jahre 1900 auf Veranlassung der Provinzialbehörde. Pastor Blochwitz (1869 – 1948) war der Gründungsvater und sein Motto »Niemand und Nichts aufgeben« gehört noch heute zur Philosophie des Vereins und seiner gemeinnützigen Gesellschaften. Schulentlassene Mädchen, die im Zuge der Industrialisierung der Städte (Berlin) an den Rand der Gesellschaft gerieten, keinen sozialen Halt mehr fanden oder in ihren Familien mißbraucht wurden, fanden hier in strenger Ordnung ein Zuhause und wurden zur Wäscherin, Weißnäherin, Plätterin oder Köchin ausgebildet. Auf dem Landgut kam die Viehhaltung und die Arbeit in der Landwirtschaft dazu. Die Frauen gingen dann nach ca. 2 Jahren in »Stellung«. Der 2. Weltkrieg zerstörte nicht nur einen Teil der Häuser, er brachte auch neue Arbeit für den Verein. Kinder, die von ihren Eltern getrennt oder schon Kriegswaisen waren, wurden nun von den Schwestern betreut. Schulpflichtige Kinder gingen dann noch eine kurze Zeit von der Einrichtung aus in die staatlichen Schulen. Doch bald kamen sie in staatliche Heime oder wurden an Familien vermittelt, bzw. fanden ihre Eltern wieder. Zurück blieben Kinder, die, nach damalig herrschender Auffassung, intellektuell nicht in der Lage waren, eine Schule zu besuchen. So begann die Arbeit mit Menschen mit einer geistigen Behinderung. 1989 begann für den Verein eine Zeit vielfältigen Umbruchs in baulicher, struktureller und inhaltlicher Hinsicht. Heute trägt der Verein und seine drei Tochtergesellschaften nach wie vor Verantwortung für Menschen mit einer geistigen oder mehrfachen Behinderung. Andere Arbeitsfelder sind hinzugekommen: Kinderbetreuung, Schuldnerberatung, Hauskrankenpflege und die Hospizarbeit. In der Abteilung Psychosoziale Hilfen leisten die Mitarbeitenden Begleitung und Unterstützung in der Suchthilfe und in der Gemeindepsychiatrie. Die anerkannte Werkstatt für Menschen mit Behinderung bietet unterschiedlichste Arbeitsplätze.
1903, 15. Februar
Pastor Alfred Blochwitz gründet das Fürsorgeheim
des Vereins Frauenhilfe zu Frankfurt a.
O., 30 Plätze —
(aus: Chronik)
1909
Einweihung der Lehrküche
um 1909
»Unsere Zöglinge dürfen nur kleine Ausgaben selbständig
von ihrem Lohn bestreiten, für Ausgaben über 3,- Mark müssen sie die
Erlaubnis der Anstalt einholen
...
Zum Tanzen dürfen die Mädels niemals allein gehen; wenn die Herr-
schaft ein Vergnügen mitmacht und das Mädchen dorthin mitnimmt, so
darf dasselbe unter dieser Aufsicht wohl tanzen, aber streng verboten
ist es, die Mädchen allein oder mit ihresgleichen auf den Tanzboden
gehen zu lassen
...« —
(aus: Vorschriften der Anstaltsleitung für die im
Dienst stehenden Zöglinge)
1909
»Die körperliche Züchtigung, welche mittels eines Rohrstockes
in Gegenwart des Anstaltsleiters oder seines Vertreters durch eine
weibliche Person zu vollstrecken ist, besteht regelmäßig in höchstens
10 Hieben. In besonders schweren Straffällen kann bis zu 15 Hieben
geschritten werden.«
— (aus: »Über die zur Aufrechterhaltung der
Ordnung und zur Erzwingung des Gehorsams gegen schulentwachsene
weibliche Zöglinge
...«, 23. April 1909, der Landesdirektor der Provinz
Brandenburg)
1911
Landgut Gronenfelde wird erworbe
1913
»Einen Höhepunkt im Anstaltsleben konnte gestern das in der
Luisenstraße gelegene Fürsorgeheim des Vereins Frauenhilfe festlich
begehen. Die neu gebaute, 300 Menschen fassende Anstaltskirche, de-
ren malerischen Anblick man von dem Grünen Weg und der Bergstraße
hat, konnte eingeweiht werden.« —
(aus: Frankfurt Oder-Zeitung,
12. Juni 1913)
1914
»Die einfache Außenfassade läßt auch nicht im geringsten
ahnen, welche unermeßliche Arbeit hinter den Mauern geleistet wird.
Die Lage des Heims ist geradezu eine ideale. Der praktische, weitschau-
ende Blick des Stifters der Anstalt hat dafür gesorgt, daß sie nie durch
Neubauten eingeengt werden kann, daß ihr Luft und Licht für immer
gesichert sind. Wenn man durch den freundlichen Eingang auf den
Hof tritt, wird jeder, der etwas Sinn für Naturschönheit hat, von dem
wundervollen Ausblick gefangen genommen. Die Gebäude liegen hart
am Höhenrand und das Auge kann ungehindert durch das Tal am Klin-
gegraben zur Oderniederung streifen. Wie wundervoll liegst du, liebes
Frankfurt, an der Oder eingebettet und welch reizvolles Bild bieten
deine Abhänge mit den schmucken Gebäuden und den Tausenden von
Bäumen!« —
(aus: Frankfurt Oder-Zeitung, 5. Mai 1914)
1914
Platz für 150 Mädchen 14
- 21 Jahre, 7 Abteilungen oder Fami
-
lien, eingeteilt nach körperlicher und moralischer Verfassung, »31 Er-
ziehungsschwestern«, eine Diakonisse-Hausmutter, einen Hausvater –
für die landwirtschaftliche Abteilung.« —
(aus: Das Fürsorgeheim des
Vereins Frauenhilfe zu Frankfurt (Oder), 1914)
1928
»Fünfundzwanzig Jahre besteht jetzt dieses gesegnete und
weitbekannte Werk, das schon über 2.500 jungen gefährdeten Mädchen
neue Lebensziele verschafft hat. Die Anstalt ist in Fachkreisen der
Kirche, Wohlfahrtspflege und Justiz besonders dadurch bekannt, daß
ihr Leiter Pfarrer Blochwitz, es in seltener Weise verstanden hat, die
alten Grundsätze treuer Jesusliebe mit in jeder Beziehung modernen
Methoden der Anstaltsleitung zu vereinen.« —
(aus: Oder-Zeitung,
27. September 1928)
1928
»Da unser Sekretär erkrankt ist und die eine der beiden Büro-
schwestern auf Urlaub sich befindet, sehe ich mich außerstande, die
zeitraubende, und erfahrungsgemäß unnütze Arbeit der Ausfüllung
des umfangreichen Fragebogens auszuführen. Durch Fragebögen und
deren Ausfüllung und nachträgliche Bearbeitung meist seitens sol-
cher Personen, die wenig Verständnis für unsere Arbeit haben, wird
die praktische Fürsorgeerziehung nicht gefördert.« —
(aus: Brief von
Pastor Blochwitz an den Landesdirektor der Provinz Brandenburg, 20.
Juli 1928)
1931
»Der Pflegegeldsatz für die in den Provinzial-Erziehungs-
anstalten untergebrachten Minderjährigen wird mit Wirkung vom
1. April 1931 ab einheitlich auf täglich 3,81 RM je Zögling fest-
gesetzt.« —
(aus: Der Landesdirektor der Provinz Brandenburg,
28. April 1931)
1936
»Betrifft: Unfruchtbarmachung durch Strahlenbehandlung
...
5. Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken
Nachwuchses vom 25. Februar 1936
...
1) Für die Unfruchtbarmachung durch Strahlenbehandlung kommen
Frauen über 38 Jahre ohne besondere Einschränkung in Betracht.« —
(aus: Der Reichs- und Preußische Minister des Innern, 15. April 1936
(IV A 2261 II/1079)
1945
»Nun im Fürsorgeheim angekommen, fand die Schwester zwar keine Trümmer vor, aber es war noch mit sowjetischen Soldaten besetzt. Das Fürsorgeheim war ja schon seit Mitte Januar 1945 Kaserne. Zuerst für die deutschen Soldaten und als die Sowjetmacht mit ihren Soldaten Frankfurt (Oder) besetzte, zogen diese dort ein. Nur das Pfarrhaus war leer, aber vollkommen ausgeraubt oder was noch an Möbeln und derglei- chen da war, zertrümmert. Im ersten Dachstuhl hatte ein Artilleriegeschoß bis in die untere Etage gehend ein großes Loch gerissen, so daß man in den freien Himmel blicken konnte. Auch hatten Leute einige Bretter über das große Loch gelegt, um für sich Möbel aus dem Haus zu bergen und sich anzueignen. Die großen Möbel waren stehen geblieben, aber auch beschädigt. Außerdem war das Vorderhaus gerade von den So- wjets geräumt worden, aber auch vollkommen ausgeräumt bis auf ganz wenige Möbelstücke, auch woandershin verschleppt, die man später wiederfand. Jedenfalls war ganz schön geplündert worden, Fensterflügel herausgenommen oder Scheiben zertrümmert und was dergleichen noch mehr Untaten begangen war.« — (aus: Erinnerungen von Schwester Irene Herthum, 1983)
Mai 1947
Umbenennung in »Wichernheim«, Johann Hinrich Wichern
(1808
– 1881) – Initiator der »Inneren Mission«
1957
»Jedes Kind wird im Heim individuell behandelt. ›Sehen Sie,
dieser Junge wurde uns wegen seiner Bockigkeit gebracht. Jetzt be-
treut er in rührender Weise ein Kätzchen und ist völlig umgewandelt.‹«
—
(aus: Potsdamer Kirche, 24. September 1957)
1953
Pastor Maier schreibt an LAFIM: »Dach des Wichernheimes
so kaputt, dass neu renovierte Wände im Haus zerstört wurden, Ko-
stenvoranschlag: 28.359,-
DM«
1954
104 Plätze belegt, Kapazität 120, 10 Kinder sollen von der
Stadt rausgenommen werden in ein städtisches Kinderheim.
September 1954
33 Alte, 23 Jugendliche, 80 Kinder, 2,70 Mark, Zuschuß
für die Alten (nicht kostendeckend)
Ende 1953/54
Landgut/Viehbestand: 3 Kühe, 1 Jungsau, 9 Ferkel,
9 Kühe, 7 Jungvieh, 4 Sauen, 4 Mastschweine, 22 Ferkel, 50 Hühner
1955/56
»sehr strenger Winter, zu Ostern dem Personal nur 50,- DM
Gehalt ausgezahlt.« —
(aus: Akte 1953
– 1961 beim LAFIM-Landes-
ausschuß für Innere Mission)
1986
»Wieder waren am vergangenen Sonnabend, diesmal bei
schönstem Sommerwetter, viele Leute zum Landgut Gronenfelde ge-
wandert oder gefahren, mehr des Erlebnisses als der Dinge wegen,
die da aus dem vielfältigen Programm der arbeitstherapeutischen
Tätigkeit im Wichernheim angeboten wurden. Das ist ja kein Markt
im ursprünglichen Sinne des Wortes, mehr ein Fest fröhlicher Be-
gegnung, und im Vordergrund der Angebote stehen das Miteinander
der geistig behinderten Heimbewohner und Mitarbeiter des Wich-
ernheimes und Gästen sowie die Information über die Arbeit
...« —
(Märkische Union, 21/22. Juni 1986 »4. Gronenfelder Topfmarkt«)
1989
it der feierlichen Übergabe wurde am 8. Oktober im Landgut
Gronenfelde, einer Außenstelle des Frankfurter Wichernheimes, ein
Projekt fertig und in Dienst gestellt, das bereits einige Jahre von sich
reden machte: Die »Grüne Scheune«
... »Wir haben hier erstens
Sonderwohnformen für einen bestimmten Kreis von Menschen mit
Behinderungen geschaffen, zweitens wird hier eine Keramikwerkstatt
Bewohnern unseres Wichernheimes ebenso wie Behinderten, die in
der Stadt in ihren Elternhäusern leben, 15 geschützte Arbeitsplätze
bieten, und drittens wird in einem Wintergarten, der allein etwa ein
Drittel des Gebäudes umfaßt, Sonnenenergie passiv genutzt werden
können.« —
(Neuer Tag, 1989)
1990
2. Juli,
Umbenennung in: Wichernheim Frankfurt an der
Oder e.
V
1991
Gründung der Gronenfelder Werkstätten gGmb
1996
Einweihung und Eröffnung der neuen Werkstätten auf dem
Gelände des Landgutes – Gronenfelder Werkstätten gGmb
1997
verheerender Brand in der Luisenstraße, größte Katastrophe in
der Geschichte des Vereins, acht Frauen fanden den Tod, mehrere Ge-
bäude wurden vernichtet, an anderen entstand hoher Sachschaden
2000
Neubau Luisenstraße, Einweihung des »Alfred-Blochwitz- Haus« durch die Sozialministerin Dr. Regine Hildebrand Einweihung der Arche, Wohnstätte für chronisch mehrfachgeschädigte Abhängigkeitskranke
2000
Gründung der Wichern-Wohnstätten und soziale Dienste
gGmbH, Gründung der Wichern-Pflegedienste gGmbH; Übernahme
der Trägerschaft Diakoniestation, Schuldnerberatungsstelle, Aus-
siedlerberatung
2001
Einweihung des Hospiz »Regine-Hildebrandt-Haus« durch
die Namensgeberin
2003
Einweihung des Um- und Anbaus der Wohnstätte »Gutshaus«
auf dem Landgut Gronenfeld
2003
Übernahme der Trägerschaft der integrativen Kindertages-
stätte »Hilde Coppi«; Eröffnung der Beratungsstelle »Peitzer Acht«
für Menschen mit einer geistigen Behinderung
100 jähriges Bestehen des Vereins Wichernheim Frankfurt an der
Oder e.V.
2004
Erwerb der Stadtvilla in der Humboldtstraße 11 in Frankfurt
(Oder) für Arbeit im stationär betreuten Wohnen
2005
Beginn der Sanierung und Umbau des Altbaus in der Luisenstraße 21
– 24. Nutzung: Dienstleistungsbereich des Vereins wie Geschäftsführungen, Verwaltung, Finanzbuchhaltun
2006
Die Gronenfelder Werkstätten werden Träger des Wildparks in Frankfurt (Oder) - Rosengarten, der Arbeitsbereich beginnt mit 9 Arbeits- plätzen für Menschen mit einer Behinderung 1. Markt »Advent bei Wichern« am 1. Advent auf dem Landgut Gro- nenfelde
2007
Der Verein beginnt als Träger mit der Arbeit des ehrenamtlichen Hospizdienstes 25. Topfmarkt auf dem Landgut Gronenfelde Eröffnung des Café »Luise« in der Luisenstraße in Frankfurt (Oder), Arbeitsbereich für Menschen mit Behinderungen der Gronenfelder Werkstätten Eröffnung des Dienstleistungs, Beratungs- und Begegnungszentrum (DBBZ) im ehemaligen Altbau in der Luisenstraße Koordinatorenstelle für ehrenamtlich Mitarbeitende eingerichtet 2. Markt »Advent bei Wichern« am 1. Advent in der Luisenstraße Das ausgebaute Dachgeschoss des Integrationskindergartens »Hilde Coppi« wird eingeweiht – mit 85 Kindern ist die Kita voll belegt
2008
1. Januar, die gemeinsame Tochtergesellschaft »aufwind« gGmbH des Wichern Diakonie Frankfurt (Oder) und der »Samariteranstalten Fürstenwalde« wird gegründet. Sie übernimmt die Aufgaben der ambulanten Begleitung, Beratung und Assistenz für Menschen mit geistiger Behinderung im Land Brandenburg. 15. Februar, 105jähriges Bestehen des Wichernheim Frankfurt an der Oder e.V. 26. Topfmarkt auf dem Landgut Gronenfelde 10 Jahre Ladenwerkstatt der Gronenfelder Werkstätten 3. Markt »Advent bei Wichern« 1. Ausgabe »Wichern-Info«
2009
27. Topfmarkt auf dem Landgut Gronenfelde Das Bistro »Kobel« im Wildpark wird eröffnet. Arbeitsbereich der Gronenfelder Werkstätten für Menschen mit Behinderungen. Im Gebäude befinden sich auch die neuen Sozialräume für Beschäftigte. »Der Laden« der Gronenfelder Werkstätten zieht in das Zentrum von Frankfurt (Oder), in die Straße Halbe Stadt 5. 4. Markt »Advent bei Wichern«
2010
1. Januar, die Wichern-Wohnstätten und Soziale Dienste gGmbH
bildet die Abteilung psychosoziale Hilfen. Darunter gehören die
Bereiche Suchthilfe und die Gemeindepsychiatrie, ein neues Dienstleistungsangebot, das Menschen mit chronischen oder vorübergehenden psychischen Erkrankungen begleitet.
27. März, die Mitgliederversammlung beschließt die Namensänderung
des Vereins in »Wichern Diakonie Frankfurt (Oder)« e.V.
Die Wohnstätte »Turmhaus« zieht in die Humboldtstraße 16, »Kießling-Eck«.
»Servicewohnen für Senioren« ist ein neues Angebot des Vereins.
Satzungsänderung, Auflösung des Vorstandes, Gründung eines Aufsichtsrates und Berufung eines hauptamtlichen Vorstandes.
n der Wichern Diakonie arbeiten 420 Mitarbeitende, 150 Bewohner
leben in den Wohnstätten der Behindertenhilfe, 115 Klienten werden
von der »aufwind« gGmbH betreut, 70 Klienten von der Gemeindepsychiatrie, 421 Beschäftigte mit Behinderungen arbeiten in der Gronenfelder Werkstätten gGmbH, die Diakoniestation betreut 150 Patienten,
im Hospiz sind 13 Menschen zu Gast, die Schuldnerberatung begleitet
962 Schuldner, 16 Menschen stationär und 8 ambulant betreut die
Suchthilfe und 85 Kinder besuchen die Kita »Hilde Coppi« – fast 2000
Menschen werden durch die Mitarbeitenden der Dienstleistungsbereiche
der Wichern Diakonie begleitet.
85 ehrenamtliche Mitarbeiter unterstützen die soziale Arbeit
Biografie
Johann Hinrich Wichern
Johann Hinrich Wichern wurde am 21.04.1808 in Hamburg geboren. 1832 besteht er sein theologisches Examen und wird im gleichen Jahr Mitglied im »Männlichen Besuchsverein«, der eine ganzheitliche Stadtmissionsarbeit entwickeln will. Die sozialen Nöte explodieren zu dieser Zeit in der großen Hafenstadt. Zahlenmäßig gehört inzwischen die Hälfte der Gemeinde zum hungernden Proletariat. Besonders die Kinder sind vor Verarmung, Verwahrlosung und Tod bedroht. Das missionarisch-diakonische Handeln wird für Wichern zum Mittelpunkt seines Lebens. Am 25. Februar 1833 hält er vor über tausend Hörern eine mitreißende Rede. Er ruft auf zur Gründung einer »Anstalt zur Rettung für verwahrloste Kinder« und bittet um Geld und Hilfsgüter. Im September stellt Wichern sein Konzept und das Modell im überfüllten Auktionssaal der Börsenhalle vor und findet in herausragenden Persönlichkeiten aus dem Hamburger Bürgertum große Unterstützung. Bereits im Oktober 1833 beginnt er mit der Arbeit am »Rauhen Haus« in Hamburg und betreut im Frühjahr 1834 schon 14 Jungen aus bedrückenden Verhältnissen. Das »Rauhe Haus« ist die Urzelle des bekannten Rettungshauses, das weit über Deutschland bekannt ist und dessen Vorsteher Johann Hinrich Wichern bis zum Ende seines Lebens war. 1850 stehen bereits dreizehn Häuser auf dem Gelände.
"Nur der kann sich der Not in ihrer ganzen Breite entgegenstellen, der den Mut hat zur ersten kleinen Tat."
"Der Pietist mit der fröhlichen, weltoffenen Seele."
Johann Hinrich Wichern reist als Redner und Publizist durch Deutschland und stellt das Modell des Rettungshauses vor. Die sozialen Missstände nehmen zu. Kinderarbeit, 14-Stundentag, Prostitution, Verwahrlosung gehören in der Zeit der ersten industriellen Revolution zu den sich ebenfalls entwickelnden sozialen Brüchen. Auf dem historischen Kirchentag 1848 in Wittenberg hält Wichern eine bis heute überlieferte flammende Rede für die Integration der diakonischen Inneren Mission in die offizielle Kirche.Danach wird der »Ausschuß für die Innere Mission gegründet« und es entstehen die ersten Vereine für Innere Mission in Deutschland. Der König von Preußen, Friedrich Wilhelm IV., ruft den Theologen und Vorsteher des Rauhen Hauses 1857 nach Berlin ins Innenministerium und Konsistorium und überträgt ihm die Aufgabe, das Gefängniswesen zu reformieren. 1858 betreibt Wichern das Entstehen des Johannisstifts in Berlin, ein Bruderhaus, dessen Aufgabe die Jugenderziehung und die Arbeit mit den Familien von Strafgefangenen und den Entlassenen dient. Getreu seinem Leben als Menschenfischer hält Johann Hinrich Wichern 1871 in Berlin seine letzte große Rede »Die Mitarbeit der evangelischen Kirche an den sozialen Fragen der Gegenwart«. Ab 1872 übernimmt er wieder die direkte Leitung des Rettungshauses in Hamburg. Sein Lebensabend ist am 7. April 1881.»Der Pietist mit der fröhlichen, weltoffenen Seele.« So nannte der Sozial- politiker Friedrich Naumann (1860 - 1919) den Bahnbrecher der Inneren Mission. Doch es war nicht so sehr seine schwärmerische Frömmigkeit und auch nicht die Leichtigkeit, sondern sein tiefer Glaube und das Erkennen einer Aufgabe, einer Vision, der er Zeit seines Lebens all sein Wissen und seine Kraft gewidmet hat. Er hat die offizielle Kirche geöffnet für ihre Aufgabe, das soziale Elend nicht nur zu sehen, sondern auch zu Handeln – ein ihr immanentes diakonisches Ziel.
* aus: Johann Hinrich Wichern, Hans Steinhacker, hännsler-Taschenbuch 1998** ebendaQuelle ebenda