Weltalzheimertag 2024

Der Welt-Alzheimertag 2024 trägt das Motto „Demenz - Gemeinsam. Mutig. Leben.“ und soll uns daran erinnern, dass es notwendig ist, diesen Herausforderungen gemeinsam zu begegnen – sei es als Familie, im Freundeskreis oder als Gesellschaft. Menschen mit Demenz sowie ihre Angehörigen stehen tagtäglich vor Veränderungen und finden Wege, um mit den damit verbundenen Einschränkungen umzugehen. Sie geben nicht auf und teilen ihre Erfahrungen zunehmend auch im öffentlichen Raum. (Quelle: Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V.: Welt-Alzheimertag (deutsche-alzheimer.de)

Gedanken zum Thema von einem Mitarbeiter aus unserer Demenz WG:

Mut, so heißt es, bedeutet, dass man sich etwas traut, vor dem man Angst hat. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn man bereit ist, seine Komfortzone zu verlassen. Es ist jedoch möglich, dass mutiges Handeln auch bedeutet, eigenen Schaden in Kauf zu nehmen, um andere zu schützen. Unter diesem Aspekt frage ich mich, ob es Mut ist, was uns antreibt, mit unseren Bewohnern zu leben und zu arbeiten? Aber unsere Arbeit erfordert auch so viel mehr als „nur“ Mut. So zum Beispiel Fantasie. Manchmal tauchen wir wie „Alice im Wunderland“ in einen Kaninchenbau und entdecken die magische Welt der Demenz. Denn diese Krankheit ist nicht nur grauer Alltag, sie kann auch bunt und auch mal ungestüm sein. Demenz kann bedeuten, dass wir Pflegekräfte morgens mit Namen begrüßt werden und uns zum Mittagessen neu vorstellen müssen. Wenn wir uns auf diese Welt einlassen können, ist es uns zum größten Teil möglich zu verstehen, warum sich beispielsweise Frau S.* nicht anziehen lassen möchte oder Herr V.* mit drei Pullovern aus seinem Zimmer kommt. Demenz ist so viel mehr als eine Sackgasse. Die Erkrankung stellt einen neuen Lebensabschnitt dar, der mit der Diagnosestellung nicht zwangsläufig das Ende bedeutet. Jeder Bewohner bei uns wird nach seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten gefördert und gefordert. Und sind diese am nächsten Tag nicht mehr da, so finden wir gemeinsam neue. Es gibt so viele schöne, und auch lustige Momente in unserem Alltag. Manchmal fühlen wir Pflegekräfte uns wie Animateure- unsere 9 Bewohner*innen wollen motiviert und teils auch gut unterhalten werden. Natürlich haben wir fast immer Erfolg J. Mit Frau C.* wagen wir dann ein Tänzchen und mit Herrn Ü.* singen wir gemeinsam Lieder- das ist ein Teil der Welt von Menschen mit Demenz. Und auch, wenn der Kaninchenbau sehr groß ist, finden wir uns in diesem zurecht. Denn wir Pflegekräfte sind oftmals die kleinen Hinweisschilder, die Wegweiser. Nicht nur zum WC, zum eigenen Zimmer oder beim Spaziergang, sondern auch für die Angehörigen im Umgang mit der Mutter/ dem Vater. Wenn der Bewohner am Morgen unsere Hand nimmt, sind wir oftmals keine Fremden/ Pflegekräfte. Wir sind enge Vertraute- die Mutter, der Vater oder Tochter, Bruder. Wenn ich überlege, ob das nun Mut ist, dann sage ich NEIN. Denn- wie eingangs schon erwähnt- bedeutet Mut, etwas zu tun vor dem man Angst hat. Wir haben keine Angst. Wir gehen gemeinsam, unbefangen und voller Akzeptanz an jeden neuen Morgen, ohne zu erwarten oder zu verlangen. Wie oft haben wir schon miterleben dürfen, dass jeder Bewohner ein eigenes Stück „Magie“ in sich trägt. Frau Q* sprach tagelang bereits nicht mehr, plötzlich summte sie bei der Körperpflege ein altbekanntes Lied mit der Pflegekraft. Frau G.* umarmte unsere ehrenamtliche Mitarbeiterin, weil sie ihren Lieblingskuchen gemeinsam gebacken hatten. Menschen mit Demenz haben keine Vorurteile. Sie fühlen und denken im Hier und Jetzt. Oftmals sind sie der Spiegel unserer eigenen Person, denn ihre eigene Persönlichkeit verschwindet immer mehr im Kaninchenbau.