OB-DIALOG IN DER WICHERN-KAPELLE
Am gestrigen Abend fand in der Wichern-Kapelle die Veranstaltung „OB-Dialog“ statt, bei der sich alle Oberbürgermeister-Kandidatinnen und -Kandidaten den Fragen von Menschen mit Beeinträchtigung stellten. Seit 2019 dürfen auch sie ihr Wahlrecht wahrnehmen – und der Dialog machte deutlich, wie wichtig ihre Stimmen und Anliegen sind.
Nach der Begrüßung durch die Vorstandsvorsitzende Gabriele Floßmann und einer kurzen Einführung durch unseren Seelsorger Frank Gründler übernahm Sibylle von Klitzing, die stellvertretende Vorsitzende des Behindertenbeirates der Stadt Frankfurt (Oder), die Moderation. Zu Beginn stellte sich jede Kandidatin und jeder Kandidat in drei Sätzen vor und schilderte, wer sie oder er ist und wofür er oder sie steht. Danach begann eine lebhafte Fragerunde, in der die geladenen Menschen mit Beeinträchtigung ihre Anliegen und Sorgen einbringen konnten.
Ein zentrales Thema war die Frage nach geeignetem Wohnraum und ob sie die Möglichkeit haben, selbstständig zu wohnen. Ebenso wurde die Verständlichkeit von behördlichen Schreiben angesprochen. Hier kamen Vorschläge auf, Briefe grundsätzlich in leichter Sprache zu versenden oder feste Ansprechpersonen in der Verwaltung einzurichten, die beim Verständnis unterstützen. Auch die Frage nach mehr Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt spielte eine große Rolle. Angeregt wurde, Menschen mit Beeinträchtigung stärker in die Stadtverwaltung einzubinden.
Darüber hinaus wurde die Zusammenarbeit mit Slubice erfragt. Vorgeschlagen wurden der Bau einer zweiten Brücke, mehr gemeinsame Veranstaltungen sowie ein Kooperationsvertrag, in dem verbindliche Regelungen und mögliche gemeinsame Förderungen festgeschrieben werden sollen. Auch die allgemeine Barrierefreiheit in der Stadt war ein wichtiges Thema. Dabei ging es um Hindernisse wie Bordsteinkanten, fehlende Zebrastreifen, unzureichend ausgestattete öffentliche Toiletten oder Probleme mit den neuen Niederflurbahnen in der August-Bebel-Straße.
Ein weiteres Anliegen war die Zukunft des Helene-Sees. Hier waren sich alle Kandidierenden einig, dass der Prozess bis zur Wiedereröffnung noch lange dauern wird. Gleichzeitig betonten sie, wie wichtig es sei, immer wieder auf das Thema aufmerksam zu machen, um Fortschritte zu beschleunigen. Auch die Sicherheitslage in der Innenstadt, insbesondere im Lenné-Park, kam zur Sprache. Diskutiert wurde ein Fünf-Punkte-Plan, der eine insektenfreundliche Beleuchtung vorsieht, ausgestattet mit Bewegungsmeldern. Ergänzt werden könne dieser Plan durch den Einsatz von Streetworkern, Sozialarbeitern sowie geschultem Personal, das vor Ort Streife läuft, so die Vorschläge.
Darüber hinaus wurde der Bedarf nach einer weiteren Schwimmhalle auf deutscher Seite thematisiert. Drei mögliche Standorte werden derzeit geprüft, damit im Falle eines Zuschlags einer Förderung schnell gehandelt werden kann. Auch die Zusammenarbeit zwischen Leistungsträgern und Leistungsempfänger war Thema.
Einigkeit herrschte schließlich bei dem Wunsch, den Frankfurter Bahnhof in „Hauptbahnhof“ umzubenennen. Dies könne in Absprache mit der Deutschen Bahn gerne umgesetzt werden.
Die Veranstaltung war insgesamt geprägt von einem offenen, respektvollen Austausch. Viele Gäste nutzten die Gelegenheit, persönliche Fragen zu stellen. Zum Abschluss gab es die Möglichkeit, Erinnerungsfotos mit den Kandidierenden zu machen oder Informationsmaterialien mit nach Hause zu nehmen. Als Dankeschön überreichten einige Klienten Präsentkörbe aus dem Bioladen der Gronenfelder Werkstätten.
Der OB-Dialog zeigte eindrucksvoll: Menschen mit Beeinträchtigung wollen und sollen aktiv an der Gestaltung unserer Stadt mitwirken.